Die meisten gesetzlich Versicherten erhalten erstmalig Einblick in ihre Patientenakte und die hinterlegten Diagnosen, wenn es um den Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung (BU), privaten Krankenversicherung (PKV) oder Risikolebensversicherung (RLV) und die damit einhergehende wahrheitsgemäße Beantwortung der Gesundheitsfragen geht.
Dies hängt in der Regel damit zusammen, dass unser Gesundheitssystem so aufgebaut ist, dass wir nicht für jede Behandlung selbst zahlen müssen, und wir uns daher wenig Gedanken darüber machen, was alles so "abgerechnet" wird.
Da wir wöchentlich Anfragen von Personen erhalten, die eine der oben genannten Versicherungen abschließen wollen und laut eigener Aussage „falsche“ Diagnosen in der Krankenakte/Patientenakte entdecken, haben wir uns entschieden, einen etwas ausführlichen Beitrag zu verfassen.
Anhand von Beispielen aus unseren Beratungen möchten wir dir aufzeigen, wie du mit einer „falschen“ Diagnose in deiner Patientenakte umgehen kannst und wie du dennoch in den meisten Fällen zu deinem gewünschten Versicherungsschutz kommst.
1. Vorab zur Klärung – die vorvertragliche Anzeigepflicht:
Dieser Beitrag bezieht sich oft auf den Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung, jedoch wenden wir dasselbe oder ähnliches Vorgehen auch beim Abschluss einer privaten Krankenversicherung (PKV) oder Risikolebensversicherung (RLV) an.
Bevor wir in die Details gehen und Beispiele geben, möchten wir auf die Hintergründe hinweisen, warum wir auf die Risiken falscher Abrechnungen/Diagnosen hinweisen.
Bei der Beantragung einer der oben genannten Versicherungen ist es grundlegend, dass du als Versicherungsnehmer/-in alle im Antrag gestellten Fragen wahrheitsgemäß beantwortest.
Die Fragen können sich neben deinen gesundheitlichen Vorerkrankungen auch auf deine berufliche Tätigkeit und Freizeitrisiken beziehen. In diesem Artikel beschränken wir uns lediglich auf die Infos deiner Gesundheitshistorie und die damit einhergehenden Daten in deiner Krankenakte.
Die Verpflichtung, die Fragen im Antrag der Versicherung korrekt und wahrheitsgemäß zu beantworten, wird als vorvertragliche Anzeigepflicht bezeichnet.
Wenn du dies nicht befolgst, so spricht man von der "Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht“. Das Nichteinhalten dieser vorvertraglichen Anzeigepflicht stellt einen Hauptgrund dar, warum die Auszahlung der Berufsunfähigkeitsrente in einem späteren Leistungsfall verweigert werden kann. Hier ein Beispiel, wie der Hinweis beim Antrag der BU-Versicherung der Baloise aussieht:
Nun mag man meinen, dass man über seinen Gesundheitszustand gut Bescheid weiß und die meisten, so erleben wir es immer wieder, sind der Meinung, „gesund“ zu sein. Doch die tatsächliche und präzise Aufschlüsselung sämtlicher Vorerkrankungen (oftmals fragen Versicherungen 5-10 Jahreszeiträume ab), ihrer detaillierten Behandlung, Zeiten des Arbeitsausfalls und durchgeführten Therapiemaßnahmen stellt für die meisten Menschen eine erhebliche Herausforderung dar. Zusätzlich kann es dazu kommen, dass bei der Antragstellung Vorerkrankungen vergessen werden.
Sich auf das pauschale „Vergessen“ zu berufen, schützt dich nicht zwingend vor dem Vorwurf der „Verletzung der Vorvertraglichen Anzeigepflicht“. Die Rechtsprechung setzt eine sogenannte „zumutbarer Anstrengung des Gedächtnisses“ voraus.
Unser Tipp:
Das Einholen der Patientenakte ist besonders ratsam, wenn man nicht genau weiß, welche Erkrankungen man in den vergangenen Jahren hatte und man bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen keine Fehler begehen möchte.
Wenn du diesen Beitrag hier liest, dann wirst du vermutlich bereits deine Patientenakte eingeholt haben. Wir wollen an dieser Stelle nochmal festhalten, dass das Einholen der Patientenakte keine verpflichtende Maßnahme darstellt, die es beim Abschluss einer der benannten Versicherung gilt einzuhalten.
Unsere Auflistung ist nicht abschließend, und letztendlich muss jeder für sich selbst entscheiden, ob er oder sie die Akte vor Antragsstellung einer Berufsunfähigkeitsversicherung (BU), privaten Krankenversicherung (PKV) oder Risikolebensversicherung (RLV) einholen möchte. Nun kommen wir aber zur eigentlichen Thematik.
2. Arzt stellt falsche Diagnose aus - was tun?
Es ist grundsätzlich wichtig, immer zwischen den einzelnen Diagnosen und deren Grundlagen zu differenzieren. Gemeint ist damit, dass nicht jede scheinbar fehlerhafte Diagnose zwangsläufig eine Falschabrechnung ist, die der Arzt willentlich so abgerechnet hat. Es kann zum Beispiel vorkommen, dass eine Diagnose lediglich als Verdachtsdiagnose eingetragen wurde und somit nicht als „gesichert“ gilt. Ebenso ist es möglich, dass der Arzt nicht ausreichend mit dir kommuniziert hat und eine Diagnose sozusagen „untergegangen“ ist.
Im Hinblick auf den Abschluss einer der genannten Versicherungen muss auch immer genau betrachtet werden, welche angebliche Diagnose durch falsche Abrechnung entstanden ist und wie relevant diese für den erfolgreichen Abschluss einer Versicherung ist. Um ein klares Bild zu vermitteln, zeigen wir anhand der folgenden Beispiele, wie "falsche" Diagnosen aussehen können, welche Hintergründe dabei eine Rolle spielen und wie schließlich ein sogenanntes „ärztliches Attest“ in diesem Zusammenhang relevant ist.
2. 1. Beispiel - Studentin mit akuter Belastungsreaktion
Wir erhielten eine E-Mail von einer jungen Projektmanagerin, welche sehr verzweifelt klang, da sie unbedingt eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen wollte.
Nach dem Einholen ihrer Patientenakte fand Sie heraus, dass während ihrer Studienzeit eine F-Diagnose (ICD-10-Code: F43.0 Akute Belastungsreaktion) in ihrer Akte vermerkt wurde.
Die Ursache für eine F-Diagnose sind in der Regel Psychische- und Verhaltensstörungen.
Die gestellte Diagnose resultierte aus einer stressigen Prüfungsphase, bedingt durch das nahende Abgabedatum einer Hausarbeit. Unsere Interessentin, damals noch Studentin, benötigte zusätzliche Zeit, um Ihre Hausarbeit fertigzustellen. Um die Abgabefrist zu verlängern, entschied sie sich dazu, sich für 2 Tage von Ihrem Arzt krankschreiben zu lassen.
Die Interessentin betonte uns gegenüber, dass sie keine psychische Erkrankung hatte und sehr irritiert gewesen sei, als sie die F-Diagnose in der Akte entdeckt hat. Die Aussage, dass es sich um eine falsche Diagnose handelt, trifft hier nur bedingt zu, da Ärzte auch in einer solchen Situation eine gewisse Diagnose abrechnen müssen. Da körperliche Beschwerden nicht vorhanden waren, sondern "Stress" der Auslöser war, ist der Vorwurf einer Falschabrechnung nicht unbedingt der richtige Ansatz.
Wir haben unserer Interessentin nahegelegt, hier den (freundlichen) Kontakt zum Arzt zu suchen und durch ein ärztliches Attest klarzustellen, wie die Diagnose zustande gekommen ist. Im Idealfall sollte dabei auch die genaue Sachlage und die Umstände beschrieben werden.
Im vorherigen ärztlichen Attest wird klar ersichtlich, wie die F-Diagnose zustande kam. Der Arzt hat zudem den hervorragenden allgemeinen Gesundheitszustand unserer Interessentin erklärt und betont, dass es sowohl vor als auch nach diesem Vorfall zu keinerlei psychischen Beschwerden, Behandlungen oder Auffälligkeiten gekommen ist.
Es wird deutlich, dass es sich hierbei nicht um eine fehlerhafte Abrechnung handelt, sondern eher um eine akute Diagnose, die durch das ärztliche Attest jedoch ins rechte Licht gerückt wurde.
Dieses Attest wurde im Rahmen einer anonymen Risikovoranfrage an ausgewählte Versicherungen gesendet. Zusammen mit dem jeweiligen Fragebogen der Gesundheitsfragen der Versicherungen und einer sogenannten Eigenständigen Gesundheitserklärung (auf die wir später im Beitrag näher eingehen und Beispiele zeigen werden), erhielten wir eine normale Annahme für die Absicherung einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Ohne das Ärztliche Attest wäre eine normale Annahme des Versicherungsschutzes vermutlich nicht zustande gekommen.
2. 2. Beispiel - Projektingenieur mit Burn-Out-Erschöpfung
Kommen wir nun zu unserem zweiten Beispiel im Zusammenhang mit falschen Diagnosen in der Krankenakte. In diesem Fall handelt es sich um einen Kunden von uns, der beim Blick in seine Patientenakte eine kleine Überraschung erlebte – die Diagnose "Burn-Out-Erschöpfung" war darin vermerkt.
Zum Hintergrund: Der Kunde hatte seinen Arzt aufgesucht, da er unter einem grippalen Infekt litt. Auf die Frage, wie es ihm sonst gehe, äußerte er, dass es momentan auch auf der Arbeit und in der Abendschule sehr stressig sei, bedingt durch zahlreiche Prüfungsleistungen.
Aufgrund des grippalen Infekts wurde eine Krankschreibung von 3 Tagen empfohlen und herkömmliche Medikamente verschrieben. Die Diagnose „Burn-Out-Erkrankung“ wurde weder thematisiert noch wurde auf die Bedeutung der psychischen Gesundheit hingewiesen.
In diesem Fall kann man von einer fehlerhaften Diagnose ausgehen, die der Arzt an die Krankenkasse übermittelt und abgerechnet hat. Auch hier haben wir unserem Kunden den Hinweis gegeben, das Gespräch mit dem Arzt zu suchen und um eine ärztliche Stellungnahme zu bitten. Im Folgenden der Auszug des Attestes:
Hier wurde eindeutig kommuniziert, dass es sich um eine irrtümlich gestellte Diagnose handelt. Das Ergebnis der anonymen Risikovoranfragen war in diesem Fall eine normale Annahme der Versicherbarkeit. Unser Kunde erläuterte die Diagnose in seiner Eigenständigen Gesundheitserklärung und wies darin auf das ärztliche Attest hin.
Schon anhand dieser beiden Beispiele zeigt sich, dass es hierbei um zwei unterschiedliche Krankheitsbilder, Situationen und Hintergründe handelt, obwohl beide Personen überzeugt gewesen sind, keine psychischen „Erkrankungen“ gehabt zu haben. In einem Fall lag es an der unterschätzten Situation bei einer stressbedingten Krankschreibung, und im zweiten Beispiel an einer fehlerhaft verwendeten Abrechnungscodierung.
Es ist daher ratsam, sich im Vorfeld stets selbst zu fragen:
- Wurde die Erkrankung möglicherweise vom Arzt nicht kommuniziert?
- Wurde sie von mir anders wahrgenommen?
- Liegt eine mögliche Falschabrechnung vor?
Wir empfehlen in einer solchen Situation als ersten Schritt eine freundliche Kommunikation mit dem Arzt. Eine fehlerhafte Abrechnung in der Patientenakte muss nicht zwangsläufig absichtlich erfolgt sein, wie unsere Beispiele verdeutlichen – Fehler sind menschlich. Zudem hat eine freundliche Kommunikation oft positive Auswirkungen auf die Qualität einer „ärztlichen Stellungnahme“.
Bevor wir weitere Beispiele von fehlerhaften Abrechnungen und ärztlichen Stellungnahmen zeigen, möchten wir kurz auf die grundlegenden Schritte zur Klärung falscher Diagnosen vor dem Abschluss einer solchen Versicherung eingehen.
Beispiel:
Stellen wir uns vor, dass die Diagnose "Burn-Out-Erschöpfung" bei unserem Beispielkunden im Vorfeld nicht ans Licht gekommen wäre und unser Kunde bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen reinen Gewissens angegeben hätte, dass er nie an „psychischen Erkrankungen“ gelitten hat. Nun skizzieren wir den Fall, dass er nach 6 Jahren aufgrund von Depressionen berufsunfähig wird. Bei der Prüfung einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht erhält die Versicherung von der Krankenkasse die Information der hinterlegten Diagnose "Burn-Out-Erschöpfung".
Nun würde das große Rätselraten beginnen, und unser Kunde würde zu Recht behaupten, dass er nie deswegen in Behandlung war. Nun müsste er den Arzt (etliche Jahre nach der gestellten Diagnose) um eine Korrektur oder ein solches ärztliches Attest bitten. Ob sich der Arzt noch an die "irrtümliche" Diagnose erinnert und ob er sich der Sache auch in dieser Form annimmt bleibt die große Frage.
Da unser Interessent auch eine Krankschreibung von 3 Tagen erhalten hat, die zwar dem Auskurieren der Grippe galt, könnte die Versicherung zurecht vermuten, dass die fehlerhaft gestellte Diagnose der Grund für die Krankschreibung gewesen ist.
Du wirst bemerkt haben, dass wir uns in den ersten zwei Beispielen auf F-Diagnosen (psychische Diagnosen) konzentriert haben. Das hat den Hintergrund, dass Versicherungen in diesem Bereich der Vorerkrankungen besonders aufmerksam sind und häufig schnell den Versicherungsschutz ablehnen oder Ausschlüsse aussprechen.
3. Atteste in Kombination mit der eigenständigen Gesundheitserklärung.
In diesem Abschnitt wollen wir dir noch ein paar weitere Beispiele aufzeigen, wie wir mit falschen, fehlerhaften oder Verdachtsdiagnosen umgegangen sind und wie die Atteste in Kombination mit einer eigenständigen Gesundheitserklärung ausgesehen haben.
Wir erhielten Ende 2021 eine Anfrage von einem Interessenten, der sich im Vorfeld der Kontaktaufnahme seine Patientenakte besorgt hatte. Als der Interessent einen Blick in die Abrechnung der Krankenkasse warf, stieß er auf die Diagnose M51.2, die einer Bandscheibenverlagerung entspricht.
Skurril an der Sache war, dass unser Kunde in Bezug auf diese Diagnose nie in Behandlung war.
Auch hier haben wir den Kunden darauf hingewiesen, den behandelnden Arzt freundlich zu kontaktieren. Ein entsprechendes Attest zur Richtigstellung wurde dem Kunden zugesandt.
Wie im obenstehenden Attest ersichtlich ist, handelt es sich um eine "fälschlicherweise hinterlegte Diagnose". Der Grund dafür lag laut Attest in einer PC-Umstellung. In einer kurzen Stellungnahme ist unser Kunde in seiner Eigenständigen Gesundheitserklärung darauf eingegangen und hat diesen Umstand kurz beschrieben.
In einem weiteren Beispiel einer unserer Interessentinnen kam es zur Abrechnung einer sogenannten F-Diagnose. Hier wurde eine Somatoforme Störung (F45.9) diagnostiziert. Auch diese Diagnose schien nicht korrekt zu sein, woraufhin unsere Kundin ein Attest einholte.
Neben der Klarstellung der Diagnose findet sich auch der Hinweis, dass die Patientin "sowohl körperlich als auch seelisch vollständig gesund" ist. Ein sehr gutes Attest, wie wir finden.
Unsere Interessentin hat dies noch in ihrer eigenständigen Gesundheitserklärung wie folgt klargestellt und auf das Attest hingewiesen:
Auch unser nächster Interessent hat in seiner Patientenakte die Diagnosen "Stress" und "Burn-Out-Syndrom" erkennen können. Diese Diagnosen sind bei den Versicherungen oft ein rotes Tuch und führen ohne Attest und entsprechender Erklärung oftmals zu Ablehnungen des Versicherungsschutzes.
Das folgende Attest sorgte für Aufklärung, sodass die genannten Diagnosen nun im rechten Licht stehen.
Unser letztes Beispiel hängt mit einer unspezifischen Angststörung zusammen. In der Akte fand man diese Diagnose mit dem Vermerk "V.a.", was „Verdacht auf“ bedeutet. Zur Klärung des Verdachts bat unsere Interessentin die behandelnde Ärztin um ein Attest.
Das recht kurz gehaltene Attest wurde zusätzlich mit Hilfe der eigenständigen Gesundheitserklärung hinsichtlich der Verdachtsdiagnose genauer erläutert. Sehr gut wurde hier der Zusammenhang erläutert und auf die Hintergründe der Diagnose hingewiesen.
Anhand dieser weiteren Beispiele wird deutlich, dass jede Diagnose individuell ist und nicht immer von Fehldiagnosen die Rede sein muss.
Fest steht, dass mit den oben beschriebenen Attesten in Kombination mit der eigenständigen Gesundheitserklärung im Zuge einer anonymen Risikovoranfrage sehr viel mehr erreicht werden kann, als der Risikoprüfung lediglich die Diagnose ohne Zusammenhang vorzustellen.
Unser Tipp: Suche in jedem Einzelfall den direkten Kontakt zu deinem Arzt. Hier solltest du nicht voreingenommen sein und aufgrund einer falschen Diagnose mit einem Anwalt drohen (eine solche Idee haben wir auch schon mitbekommen).
Du willst vermutlich auch in Zukunft ein gutes Verhältnis mit deinem Arzt pflegen und vielleicht war es nur ein Fehler oder eine Verdachtsdiagnose, welche sich durch ein Attest aus dem Weg räumen lässt.
4. Falsche Diagnose aus Krankenakte löschen oder korrigieren lassen?
Wenn du bis hierhin den Artikel gelesen hast, wird dir aufgefallen sein, dass eine fehlerhafte Diagnose nicht zwangsläufig das Aus für den Abschluss von Berufsunfähigkeitsversicherung, privater Krankenversicherung oder Risikolebensversicherung bedeutet. Die vorgestellten Atteste der Ärzte, zusammen mit einer eigenständigen Gesundheitserklärung, können hier wahre Wunder wirken.
Für den Abschluss einer solchen Versicherung ist es also nicht unbedingt erforderlich, dass die Diagnose aus der Krankenakte entfernt wird. Wenn jedoch jemand eine grundsätzliche Korrektur anstrebt, besteht prinzipiell die Möglichkeit, die Löschung der entsprechenden Diagnose aus der Akte zu beantragen. Hierbei ist die Unterstützung des behandelnden Arztes erforderlich. Dieser muss, falls er feststellt, dass die Diagnose tatsächlich falsch ist, die Krankenkasse kontaktieren und um Richtigstellung bitten. Dabei muss er den Fehler eingestehen und die Abrechnung der Diagnose korrigieren, was mit einem gewissen Aufwand verbunden ist.
Nochmals der Hinweis: Bei der Erstellung eines ärztlichen Berichts/Attests muss der Arzt lediglich auflisten, was tatsächlich geschehen ist und in welchem Kontext die Diagnose erfasst und (fehlerhaft) abgerechnet wurde. Dieser Schritt mit Hilfe eines Arztbericht ist in den meisten Fällen der einfachere Weg und weniger aufwendig als das Löschen einer Diagnose.
Durch die „Absicherung“ des ärztlichen Attestes können im Leistungsfall keine Schwierigkeiten oder Leistungsausschlüsse seitens der Versicherung aufgrund der fehlerhaft abgerechneten Diagnose auftreten.
Ein Beispiel für die Korrektur und Löschung einer falschen Diagnose möchten wir euch anhand eines Praxisfalls zeigen und erklären, warum die Akteneinsicht und die sorgfältige Überprüfung so bedeutsam ist. Eine Interessentin meldete sich aufgrund eines Blog-Artikels bei uns und bat um den Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung mit uns. Aufgrund bestimmter Vorerkrankungen im Zusammenhang mit einer Corona-Impfung und deren Folgen, die zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Jahre ausgeheilt gewesen waren, wollte sie ihre Akte einholen, um sicherzustellen, welche genauen Diagnosen damals abgerechnet wurden.
Der folgende Abschnitt zeigt die abgerechneten Diagnosen zum 22.12.2022.
Man könnte annehmen, dass der Gesundheitszustand der Interessentin aufgrund der Diagnosen und Verdachtsdiagnosen am besagten Datum recht gravierend gewesen sein müssten.
Insgesamt wurden 10 Abrechnungen durchgeführt, darunter ein Halswirbelsyndrom (M54.2G) – wobei das "G" für eine gesicherte Diagnose steht –, Somatisierungsstörungen (F45.0G) – eine psychische Diagnose – und Myogelosen (M62.89 G).
Der Arztbesuch dürfte aufgrund der Vielzahl an unterschiedlichen Erkrankungen vermutlich viel Zeit in Anspruch genommen haben – könnte man meinen. Das verwunderliche: Unsere Interessentin war an diesem Datum lediglich vor Ort, um eine Kopie ihrer Patientenakte abzuholen. Es fand keine Behandlung, kein Gespräch oder Untersuchung statt! Auch die direkte Überprüfung der Abrechnungen mithilfe der Akte der Krankenkasse zeigte dasselbe Bild. Hier wurden sämtliche oben genannten Diagnosen abgerechnet.
Doch wie kommt so etwas zustande?
In diesem Fall bestätigte die Ärztin ebenfalls, dass es sich um einen Abrechnungsfehler handelte. Die Diagnosen sollten lediglich als "Gedankenstütze" für die Ärztin vermerkt werden, damit bei einem zukünftigen Arztbesuch darauf Rücksicht genommen werden kann und eventuelle Rückschlüsse anderer Erkrankungen gezogen werden können. Die Abrechnung der Diagnosen war nicht beabsichtigt, und ein entsprechendes Attest wurde unserer Interessentin ausgestellt.
Die Interessentin legte außerdem Wert darauf, dass die Diagnosen bei der Krankenkasse ebenfalls revidiert werden. Auch hierauf ließ sich die sehr kooperative Ärztin ein und gestand den Fehler bei der Krankenkasse mit der oben aufgeführten Begründung ein. Somit wurden die Diagnosen auch hier gelöscht. Zudem will man in Zukunft auf die Abrechnung der Diagnosen Acht geben, damit ein solcher Fehler nicht mehr auftritt.
Nachdem wir dir nun einige Beispiele und unterschiedliche Abläufe aus unserer Beratungspraxis mit Interessenten aus ganz Deutschland aufgezeigt haben, möchten wir noch auf eine weitere Frage eingehen.
5. Gesundheitsfragen nachträglich korrigieren
Nicht selten kommt es in unseren Beratungen vor, dass bereits in der Vergangenheit bei einem Versicherungsvermittler oder ähnlichen Anbietern eine private Krankenversicherung, Berufsunfähigkeits- oder Risikolebensversicherung abgeschlossen wurde und erst im Anschluss der Weg zu einem unserer Blog-Artikel gefunden wurde.
Oft erhalten wir Anfragen, ob beispielweise eine Überprüfung der BU-Versicherung bei uns möglich ist. Diesen Service bieten wir ebenfalls an.
Wie ein roter Faden zieht sich die geringe Beachtung der Gesundheitsfragen durch die meisten BU-Versicherungen. Wir bezeichnen die Gesundheitsfragen als das "Fundament einer jeden BU-Versicherung" und schenken daher der wahrheitsgemäßen Beantwortung große Aufmerksamkeit. Aufgrund von Nachlässigkeiten bei der Beantwortung wird uns häufig die Frage gestellt, ob die Gesundheitsfragen nachträglich korrigiert werden können. Dies ist grundsätzlich möglich. Das Vorgehen sieht im Wesentlichen so aus, dass die meisten unserer Interessenten ihre Patientenakte beim Arzt aus dem genannten Zeitraum einholen und genau aufschlüsseln, welche Erkrankungen im entsprechenden Zeitraum vorgelegen haben.
Sehr häufig erhalten wir Anfragen von Personen, welche ein sogenanntes Koppelprodukt einer Basisrente mit BU abgesichert haben und wenig Rücksicht auf die Beantwortung der Gesundheitsfragen gelegt wurde.
Hinweis: Wir empfehlen dieses Vorgehen in der Regel, wenn die folgenden Punkte beim ursprünglichen Abschluss der Versicherung missachtet wurden:
- Gesundheitsfragen wurden sehr schnell und „nebenbei“ beantwortet.
- Gesundheitsfragen wurden nur vom Berater ausgefüllt (kommt tatsächlich recht häutig vor).
- Der Berater hat darauf hingewiesen, dass bestimmte Erkrankungen, welche im Abfragezeitraum des Antrags gelegen haben, nicht relevant sind.
- Im Nachgang sind dir noch Erkrankungen mit gewisser „Schwere“ eingefallen.
- Du möchtest sehr sicher gehen, dass deine Angaben auch denen deiner Akte entsprechen.
Angaben nachträglich bei einer bestehenden Berufsunfähigkeitsversicherung, privaten Krankenversicherung oder Risikolebensversicherung zu korrigieren, ist jedoch nicht selten mit „Nachteilen“ verbunden.
Nach Bekanntgabe und Meldung einer "vergessenen Diagnose" entscheidet die Versicherung immer individuell, je nach Krankheitsbild, wie mit diesen Infos umgegangen wird.
Nehmen wir das Beispiel Physiotherapie aufgrund einer Bandscheibenverlagerung vor 2 Jahren, die du vergessen hast bei den Gesundheitsfragen anzugeben. Hier prüft die Versicherung dann, zu welchen Konditionen sie dich ursprünglich aufgenommen hätte.
Die Versicherung kann mit diesen Informationen dann die monatlichen Beiträge erhöhen, einen nachträglichen Leistungsausschluss für die Erkrankungen aussprechen oder sogar eine Vertragskündigung aussprechen.
Wenn du den Weg des Einholens der Patientenakte gehen willst, obwohl du bereits eine Versicherung abgeschlossen hast, empfiehlt es sich häufig, anonyme Risikovoranfragen bei (anderen) ausgewählten Versicherungsgesellschaften zu stellen. Dabei kann geprüft werden, ob eine andere Versicherung sich dem Risiko deiner nun vollständigen Gesundheitsdaten annehmen würde. Wenn dies der Fall ist, macht ein Neuabschluss der entsprechenden Versicherung möglicherweise sogar mehr Sinn.
Wichtig: Hier muss auf die Leistungen und die Bedingungen der neuen Versicherung geachtet werden. Melde dich gerne bei uns über das Kontaktformular, wenn du an einer solchen anonymen Risikovoranfrage interessiert bist.
Eine weiterer Punkt, welcher im Zuge einer potenziellen Falschbeantwortung einer der Gesundheitsfragen immer wieder aufkommt, ist die Frage nach einer Verjährungsfrist aufgrund falscher Angaben in der Berufsunfähigkeitsversicherung.
6. Verjährungsfrist für falsche Angaben in der Berufsunfähigkeitsversicherung
Im Leistungsfall prüfen die Versicherungsgesellschaften bis zu zehn Jahre nach Vertragsabschluss rückwirkend, ob deine Angaben bei Antragsstellung auch wahrheitsgemäß waren (Stichwort vorvertragliche Anzeigepflicht).
Demnach sind die Angaben, die du vor mehr als 10 Jahren ab Antragsstellung gemacht hast, für die Auszahlung der BU-Rente irrelevant.
Es gibt jedoch noch andere Fristen, die je nach "Grad des Verschuldens" bemessen werden. Wenn die Falschangaben ohne Verschulden oder fahrlässig gemacht wurden, aber keine Arglist vorliegt, beträgt die Verjährung bei BU-Versicherungen 5 Jahre. Bei PKV-Verträgen liegt diese Frist bei 3 Jahren. Juristen sprechen hierbei auch von „einfacher Fahrlässigkeit“.
Nach Ablauf dieser Frist ist ein Rücktritt, eine Kündigung oder eine Vertragsanpassung seitens der Versicherung ausgeschlossen.
Wenn du jedoch die Versicherung arglistig getäuscht hast, beträgt die Verjährungsfrist 10 Jahre. Der Nachweis der arglistigen Täuschung liegt auf Seiten der Versicherung. Grobe Fahrlässigkeit kann im Einzelfall auch dann vorliegen, wenn du Angaben zu Vorerkrankungen und deinem Gesundheitszustand lediglich aus dem Gedächtnis heraus, ohne Rücksprache mit der Krankenkasse oder den Ärzten, gemacht hast.
7. Ist das nicht alles ein wenig „übertrieben“?
Der ein oder andere wird sich nun die Frage stellen, ob unser Vorgehen nicht ein wenig „übervorsichtig“ ist. Diese Frage darf jeder für sich selbst beantworten.
Nochmals zur Erinnerung:
Selbst eine fehlerhaft abgerechnete Diagnose, die erst im Leistungsfall auffällt, führt nicht zwangsläufig dazu, dass du keine Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung erhältst.
Es ist jedoch wahrscheinlich, dass die Versicherung Rückfragen stellt oder die Leistung zunächst verweigert wird und man sich eventuell gerichtlich einigen muss.
Dies ist immer einzelfallbezogen. Wenn beispielsweise die Diagnose ADHS einmalig in deiner Akte steht und ersichtlich ist, dass keine Behandlungen, Medikamente oder weitere Therapien empfohlen wurden, liegt die Vermutung nahe, dass du diese "Erkrankung" möglicherweise nicht bewusst verschwiegen hast und es sich um eine fehlerhafte Diagnose handelt. Dein Arzt könnte in einem solchen Fall auch bestätigen, dass du die entsprechende Diagnose nicht hast.
Wenn dir diese Vermutungen und Eventualitäten im möglichen Leistungsfall zu unsicher erscheinen und du im Vorfeld einen konkreten Überblick deiner abgerechneten Diagnosen haben möchtest, könnte das Einholen der Patientenakte für dich der sinnvollere Weg sein. Dies muss jedoch jeder für sich selbst entscheiden.
Solltest du deine Berufsunfähigkeitsversicherung vor kurzem abgeschlossen haben und vermuten, dass du falsche Angaben zu deiner Gesundheit gemacht hast, dann kannst du unseren BU-Check kostenfrei nutzen!
8. Wir du nun vorgehen kannst
Wie du anhand unserer Beispiele erkennst, haben wir in den vergangenen Jahren umfangreiche Erfahrungen im Umgang mit dem Thema falsche Diagnosen in den Arztakten sammeln können. Oftmals haben die beschriebenen Atteste dazu beigetragen, falsche Diagnosen klarzustellen und eine normale Annahme der entsprechenden Versicherung zu erwirken.
Ein ärztliches Attest ist aber nicht nur bei Falschabrechnungen wichtig. Auch dann, wenn du in der Vergangenheit Erkrankungen hattest, die über die generelle Versicherbarkeit einer Berufsunfähigkeitsversicherung (BU), privaten Krankenversicherung (PKV) oder Risikolebensversicherung entscheiden, kann ein ärztliches Attest sehr nützlich sein und eine bessere Ausgangsposition für dich schaffen. In unserem Artikel "BU trotz Vorerkrankungen" haben wir weitere Beispiele aufgelistet, wie mit bestimmten Diagnosen umgegangen werden kann, um den Schutz einer Berufsunfähigkeitsversicherung zu erhalten.
Wir helfen dir gerne bei der Bewertung, ob ein Attest notwendig ist oder nicht. Wenn dir unser Service und Vorgehen gefallen, lies dir gerne unseren Beratungsablauf durch. Hier gehen wir etwas mehr ins Detail und zeigen dir unter anderem die Bedeutung der anonymen Risikovoranfrage.
Melde dich gerne über unser Kontaktformular bei uns oder schreibe uns eine E-Mail an info@gn-finanzpartner.de. Da wir einen Großteil unserer Kunden im ganzen Bundesgebiet betreuen, sind wir mit dem Thema digitaler Beratung vertraut. m Folgenden zwei Beispiel, wie uns Anfragen erreichen: